Energiewissen

So funktioniert der Energiemarkt

Strom- oder Gasanbieter oder auch große Abnehmer kaufen Strom bzw. Gas oftmals direkt beim Erzeuger oder Händler, also außerbörslich. Diese Form der Beschaffung nennt sich auch „Over the Counter“. Doch Strom und Gas werden auch an Börsen, z.B. der Europäischen Energiebörse EEX gehandelt.

Seit dem Ende der 90er-Jahre gibt es einen liberalisierten Gas- und Strommarkt in Europa. Gut 20 Jahre nach der Liberalisierung des Energiemarktes ist dieser durch eine große Akteursvielfalt und hohe Wettbewerbsintensität geprägt. Es konkurrieren viele der rund 1.400 Stromanbieter und mehr als 1.000 Gasanbieter über alle Liefergebiete miteinander.

OTC-Geschäfte sind nicht standardisiert. Das heißt, nur die Geschäftspartner wissen über die vereinbarten Konditionen Bescheid – das unterscheidet den OTC-Handel von der Börse. Die Börsenpreise sind öffentlich und für jeden ersichtlich. Einkäufer wollen vor allem da kaufen, wo es am günstigsten ist, und Verkäufer dort verkaufen, wo sie die höchsten Preise erzielen. Die Preistransparenz der Börse, verschafft den Händlern dadurch eine bessere Verhandlungsposition. Börsenpreise geben somit eine Orientierung für den gesamten Markt.

So funktioniert der Spot- und Terminmarkt

Die größte zentrale Energiebörse Europas, die EEX (European Energy Exchange), sitzt in Leipzig und Paris. Hier werden – ähnlich wie bei einer Wertpapierbörse – Strom und Erdgas, aber auch etwa CO2-Zertifikate für 20 Marktgebiete innerhalb von Europa gehandelt.

Auf dem Terminmarkt werden Lieferverträge – sogenannte Terminkontrakte – teilweise bis zu zehn Jahre im Voraus geschlossen. Die Versorger decken sich am Terminmarkt mit einem Großteil des von ihnen prognostizierten Energiebedarfs ein. Da die Strom- und Gaspreise stark schwanken, kaufen sie nicht alles auf einmal ein, sondern beschaffen den benötigten Strom bzw. Gas in Teilmengen und Schritt für Schritt zu verschiedenen Zeitpunkten.

Am Spotmarkt werden kurzfristig lieferbarer Strom und Gas gehandelt und die restlichen Mengen eingekauft, um den aktuellen Bedarf zu decken. Am Spotmarkt wird unterschieden zwischen dem „Day-Ahead-Handel“, mit Angeboten für den Folgetag, und dem „Intraday-Handel“, mit Angeboten für den gleichen Tag. Hier können die Teilnehmer zu viel oder zu wenig georderte Mengen kurzfristig ausgleichen.

Da der Stromverbrauch über den Tag variiert (in der Regel ist der Verbrauch tagsüber höher als in der Nacht), können zudem zwei verschiedene Profile an der Börse gehandelt werden:

  • Baseload-Produkte dienen der Abdeckung der Grundlast eines kompletten Tages von 0 bis 24 Uhr.
  • Peakload-Produkte werden geordert, um die Spitzenlast zwischen 8 und 20 Uhr zu bedienen.

 Die Energiepreise, aus denen sich die Tarife der Endkunden berechnen, sind im Wesentlichen durch die Preisentwicklung am Terminmarkt bestimmt.

Vorteile langfristiger Verträge

Langfristige Verträge verschaffen Energieerzeugern und -händlern Sicherheit: zum einen, dass Strom oder Gas auch abgenommen werden und zum anderen, dass sie bei Vertragsabschluss zum vereinbarten Preis geliefert werden. Übrigens ist das auch der Grund, warum besonders vom russischen Gas abhängige Importeure vor so großen Engpässen standen: Sie mussten nach dem Ausfall von der vereinbarten Erdgasbeschaffung ihrerseits Liefererträge erfüllen, die ebenfalls lange im Voraus vereinbart worden waren. Die Ersatzbeschaffung war um ein Vielfaches teurer als die ursprünglich kalkulierten Beschaffungspreise.

Starke Veränderungen bei den Börsenpreisen wirken sich aber nicht unmittelbar und nicht 1:1 auf die Energiepreise für Endkunden aus. So sinkt der Gas- oder Strompreis nicht im gleichen Umfang, wenn die Börsenpreise fallen. Umgekehrt steigen die Preise auch nicht in gleichem Umfang, wenn die Preise an der Börse deutlich steigen. Kurzfristige Schwankungen an den Energiemärkten haben daher keinen direkten Einfluss auf die Endkundenpreise.

Die langfristige Strategie der Versorger glättet also die Entwicklungen an den Energiebörsen und schützt die Kunden vor starken Preissprüngen. Beispielsweise hatte sich der Gaspreis im Großhandel im Jahr 2022 gegenüber Anfang 2021 zwischenzeitlich mehr als verzehnfacht, der entsprechende Anteil am Endkundenpreis hat sich in diesem Zeitraum jedoch nur etwa verfünffacht.

 

Stand: November 2023

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